Geben und Nehmen: Eine Buchrezension

Adam Grant: Geben und Nehmen. Warum Egoisten nicht immer gewinnen und hilfsbereite Menschen weiterkommen. Droemer, 12,99 €

Ein Bekannter hatte von der zu Grunde liegenden Theorie erzählt, jetzt habe ich das Buch vollständig gelesen und es hat mich wirklich begeistert. Adam Grant ist Organisationspsychologe und Hochschulprofessor an der University of Michigan.

Er unterscheidet Geber, Nehmer und Tauscher, jeder Mensch neigt zu der einen oder anderen Art von Grundhaltung gegenüber anderen. Nehmer können übrigens sehr sympathische, nette Leute sein. Der eine oder andere Abstauber, weiß sich durchaus sozialverträglich zu tarnen.

In dem Buch wird eine Unmenge wissenschaftlicher Tests und Beobachtungen ausgewertet und erläutert, insbesondere der berufliche und persönliche Erfolg von Gebern wird vielseitig beobachtet und erforscht.

Leute, die von ihrer Grundhaltung her immer geben und darüber ihren persönlichen Nutzen vernachlässigen werden ausgebeutet? Das sollte man meinen. Geber finden sich tatsächlich um unteren Ende der gesellschaftlichen Erfolgsskale UND Geber befinden sich ebenso am ganz oberen Ende der gesellschaftlichen Erfolgsskala. Die einen opfern sich auf, werden ausgenutzt und sind am Ende erschöpft und die anderen Geber, die geben irgendwie anders, von „Fremdorientierung“ ist die Rede, deren allgegenwärtige Großzügigkeit wird tatsächlich auch anerkannt und belohnt. Auch die erfolgreichen Geber machen objektiv Unmengen Überstunden, engagieren sich sozial und sind hilfsbereit für alle und jeden, aber sie achten besser auf ihre eigenen Ressourcen (was brauche ich, was kann ich leisten) und sie sind geschickter darin (vielleicht strategisch), dass ihre Hilfsbereitschaft tatsächlich Sinn und Wirkung hat. Die erfolgreichen Geber sind letztlich weniger Anfällig für Burnout als alle anderen Gruppen, obwohl sie objektiv sehr viel und unermüdlich arbeiten. Erfolgreiche Geber haben das Gemeinwohl für alle im Blick, nicht den persönlichen Vorteil.

Ich wurde beim Lesen irgendwann müde über die vielen wissenschaftlichen Beispiele und Details, doch auf den letzten 30 Seiten kamen dann doch sehr weiterführende, praxisnahe Hinweise:

Jeder neigt dazu, sich den Werten und Regeln seines Umfeldes auch anzupassen. In einem Umfeld, in dem viele Leute geben, erkennt auch ein Nehmer, dass das hier offenbar zum „guten Benehmen“ gehört und wird auch (mal) geben. Er wird es vor allem dann tun, wenn er die Gelegenheit bekommt sein „Geben“ in der Öffentlichkeit zu zeigen, er wird sich in einem entsprechenden Umfeld (eher) nicht als eigennützig/ gewinnorientiert outen sondern sozialverträglich mitwirken.

Die Rollen sind im Alltag also doch nicht ganz so starr. Manch einer ist in seinem Leben offenbar zum Nehmer oder Tauscher geworden, weil er das Gefühl hat, dass er (in seinem Umfeld) sonst von allen nur ausgenutzt wird. Wer selber als geizig auftritt, dem wird man nicht so gerne etwas schenken – Zeit, Geld, Aufmerksamkeit – der holt sich doch selber was er braucht und bunkert das dann für sich alleine.

Erfolgreiche Geber sind Leute, die immer wieder und gerne den Reichtum (egal welcher Art) für alle befördern – in Beruf und im Privatleben. Tatsächlich lässt sich das Geber-Verhalten von Tauschern und Nehmern befördern, in (irgendeiner) Gemeinschaft, in der es entsprechende Vorbilder gibt.

Unter http://www.adamgrant.net/originalsquiz  kann jeder einen Geber/ Nehmer/ Tauscher-Test machen (auf Englisch), wobei ich persönlich etwas enttäuscht bin, dass ich am Ende bei einem Ergebnis von 53 % Tauscher und 47 % Geber ausschließlich den Tauschern zugeordnet wurde.  Aber die Tauscher sorgen auch für Fairness, das hat mich mit dem Ergebnis dann wieder versöhnt.

Im letzten Kapitel „Richtig handeln“ gibt es noch weitere interessante Hinweise, wie man Geber-Gemeinschaften gründen oder befördern kann. Die eine oder andere Methode passt vielleicht zum Soldiner Kieztausch, mal sehen.

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